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  • Amenorrhö & Hormonbalance / Authentizität & Selbstliebe

    Achselhaare, Womb Yoga und die Suche nach meiner inneren Göttin – mein Besuch beim Agape Zoe Festival

    Agape Zoe Erfahrung

    „Stell dir vor du sitzt in deiner Gebärmutter“. Ich liege in einem hellen, großen Raum auf meiner Yogamatte beim Agape Zoe Healing Arts Festival. Neben mir liegt ein bärtiger Lockenkopf, der einzige Mann, der sich zu der gut 50 Frau starken Veranstaltung verirrt hat. Er erklärt:

    „Ich wusste nicht was ‚Womb’ bedeutet.“

    Ich bin beim Agape Zoe Festival, einer Wochenend-Veranstaltung mit mehreren Workshops rund um die Themen „Rückbesinnung, Alltagsbewältigung und holistischen Heilkünsten“, wie es auf der Website heißt. Der Workshop, bei dem ich gerade dazu aufgefordert werde, in meiner Gebärmutter Platz zu nehmen, nennt sich „Womb Yoga“, also Gebärmutter Yoga.

    Zu meiner rechten ein Mann, zu meiner linken rekelt sich eine Blondine in Leoparden-Leggings und stößt zum wiederholten Male einen lauten Seufzer aus. Sie scheint schon tief Platz genommen zu haben in ihrem Schoß.

    „Stöhn leiser, du störst meinen Flow“

    … würde ich am Liebsten sagen – aber das wäre ja nicht besonders Yogini-like 😉 Also konzentriere ich mich darauf, in meiner Gebärmutter zu sitzen. Und seufze auch ein bisschen – aus Solidarität zu meiner Leoparden-Schwester.

    Kurs #1: Womb Yoga

     „Womb Yoga ist überall!“ hatte die Leiterin der Session am Anfang erklärt.

    „Filterblase?“, denke ich.

    Denn ich glaube nicht, dass man außerhalb des Agape Zoe Festivals davon sprechen kann, dass Womb Yoga gerade der letzte Shit ist, um den keine Frau mehr herum kommt. Aber hey, ich habe mich schließlich auch zwischen den fünf parallel stattfindenden Sessions dafür entschieden.

    Unser Coach trägt eine rot-gefärbte Bobfrisur mit einem extrakurzen Pony, der den Blick freigibt auf eine silberfarbene Stirnverzierung. Dazu einen selbstgebastelten Ohrring auf der linken Seite, der mindestens 25cm lang ist und aus roten Kunstblumen besteht. Ein rotes Tuch, das sie sich um ihren Unterleib geschlungen hat, signalisiert direkt, um welchen Körperbereich es bei ihr geht. Unsere Heilerin der Stunde bildet den Mittelpunkt unserer sternförmig angeordneten Yoga-Matten.

    Die Reise in meine Gebärmutter

    In meiner Gedankenreise sieht meine Gebärmutter ziemlich gemütlich aus. Ich stelle mir einen großen, roten, samtigen Sessel vor in den ich tief einsinke. Gerne würde ich auch die Wände verzieren, frage mich aber, ob das so eine gute Idee ist, denn Nägel sollte ich wohl besser nicht verwenden in meiner Gebärmutter. Also Poster – aber hält Tesa? Eher nicht. Ich einige mich also mit mir selbst auf ein Sideboard mit frischen Blumen. Insgesamt eine interessante Übung; ich fühle mich gut.

    Nach dem Womb Yoga Workshop tausche ich mich mit einem jungen Mädel auf dem Klo aus über unsere Erfahrungen und den nächsten Workshop. Als sie ihre Haare zu einem Zopf zusammenbindet, sehe ich unter ihren Armen zwei riesige Achselhaarbüschel hervorsprießen.

    Ich bin irritiert und fasziniert zugleich. Und fühle mich gleichzeitig prüde, ob meiner Irritiertheit und Fasziniertheit.

    Schließlich ist das doch etwas ganz Natürliches; natürlich sogar natürlicher als glattrasierte Achseln. Ihre Haarpracht ist rot-blond und gelockt. Spricht das nicht dafür, dass sich die Dame noch nie unter den Achseln rasiert hat, frage ich mich? Anyways..

    In der Villa Kunterbunt

    Das Agape Zoe findet in einer alten Villa statt in Berlin Pankow. Das Gebäude erinnert mich ein bisschen an die Villa Kunterbunt; zumindest so, wie ich sie mir vorstelle. Das Publikum ist gemischt. Man sieht sehr viele Piercings, Tattoos, Cordhosen, Pumphosen (so heißen doch diese Aladin-Hosen, oder?), Batik, Federn, Bindis und herausgewachsene Haarfarben in verschiedenen Farben des Regenbogens. Aber auch Logo-Leggings, Marken-Sneaker und Statement Shirts. So unterschiedlich das Aussehen der Teilnehmer, so ähnlich ist deren Ausstrahlung: herzlich, offen, freundlich, interessiert und interessant. Man merkt, dass sich da ähnliche Menschen auf diesem Fleck Erde versammelt habe – Menschen, die mehr über sich selbst lernen und dazu beitragen wollen, die Welt zu einem besseren Ort für uns alle zu machen.

    Kurs #2: Heal the Feminine

    Der Kurs „Heal the Feminine“ findet im gleichen Raum statt wie Womb Yoga; vor dem Kurs schnappe ich ein paar Wortfetzen auf: „mein Mantra ist so fuck you…“. Ich muss ein bisschen grinsen.

    Zu „Heal the feminine“ hat sich kein Mann verirrt; wir sind etwa 30 Frauen. Leider ist die Kursleiterin, die eigentlich angekündigt war, krank geworden, so dass uns ihr Ersatz begrüßt – eine blonde strahlende Frau im semi-transparenten Palmen-Kimono. In der Eröffnungsrunde soll jede von uns sagen, warum sie da ist und wovor sie Angst hat. Ich sage: „ich möchte mehr in meine Weiblichkeit kommen“ und „Angst habe ich davor, nicht genug zu sein“.

    Ach ja, wörtlich habe ich das nicht so gesagt, denn der Kurs wird auf Englisch gehalten, wie fast alle Workshops beim Agape Zoe. Das ist nicht für alle angenehm, denn eine Dame aus meinem Kreis nennt das als ihre Angst: „dass ich nicht gut genug Englisch sprechen und verstehen kann, um dem Kurs zu folgen.“ Hello Berlin, my international friend.

    Anschließend machen wir eine Partner-Übung, bei der es ums Loslassen geht; wir sitzen am Boden, wobei eine Frau die andere von hinten umarmt und ihr Halt gibt, so als wäre sie ihre Mutter. Danach werden die Rollen getauscht. Auch wenn das zunächst komisch klingt: Die Übung ist richtig schön und es stellt sich heraus, dass ich Glück habe mit meiner Mama-Tochter-Partnerin Adrienne; wir sind auf Anhieb auf einer Wellenlänge. Durchs vorherige Kuscheln skippen wir den Small-Talk und tauschen uns schnell auf einer sehr persönlichen Ebene aus.

    Im abschließenden Kreis gehen wir von Frau zu Frau, blicken jeder in die Augen und machen das, „was kommt“. Das was sich richtig anfühlt; eine Umarmung; ein Kompliment; das Greifen der Hände; ein Kuss auf die Wange. Ich erlebe viele schöne Umarmungen und höre viele schöne Dinge („wow, du hast ein großes Herz“, „du siehst so jung und strahlend aus“, „in deinen Augen sehe ich den Wald“, „du erinnerst mich an ein Reh“) und gehe beschwingt aus dem Kurs.

    Bin ich geheilt, wie im Titel versprochen?

    Habe ich meine weibliche Essenz entdeckt, wie von mir erhofft?

    Vielleicht.

    Vielleicht auch nicht. Jedenfalls habe ich erlebt, dass jede Frau, ja jeder Mensch, mit Ängsten uns Zweifeln zu tun hat. Und dass es wahnsinnig bestärkend ist, in einer Runde zu sein, mit lauter tollen, herzlichen, starken Frauen. Man sieht jede von ihnen mit so liebevollen Augen an, dass das auch auf einen selbst abfärbt; man denkt sich:

    „Jede Frau hier ist so einzigartig und toll; dann bin ich es wohl auch“.

    14:30 Uhr: Mittagspause

    In der Mittagspause essen wir alle zusammen, an runden und eckigen Tischen aus dunklem Holz. In dem offenen Café wird eine selbstgemachte Rote Bete Suppe ausgegeben. Die meisten haben sich aber selbst etwas mitgebracht – an meinem Tisch gibt es CousCous Salat mit Feta aus Tupperdose; Rotkohlsalat aus Weckglas; Vollkorntoast mit Gouda und Birne aus Brotzeittüte (das bin ich). Die Gespräche beim Essen drehen sich um die Workshops; wo man schon war, was man noch machen möchte.

    „Erwartungen loslassen“ klingt gut, sagt ein Tischnachbar mit runden Brillengläsern, ohne zu wissen worum es überhaupt geht.

    Meine beiden Sitznachbarinnen und ich entschließen zum Shakti Yoga & Dance zu gehen.

    Im Foyer werden Handlesen und Massagen angeboten, daneben Merchandise-Artikel vom Festival und Schmuck aus Gold und Federn. An einem Stand gibt es heißen Kakao; also echten Kakao. Der schokoladige Duft zieht mich magisch an. Ich kaufe mir einen Becher in Größe M als Nachtisch. Zucker steht bereit zum Süßen; ich probiere es erst einmal ohne. Die warme braune Flüssigkeit ist recht bitter, aber lecker. Nach dem Becher habe ich Herzklopfen – schließlich enthält auch Kakao Koffein. Die perfekte Vorbereitung für den nächsten Teil des Tages.

    Kurs #3: Shakti Yoga & Tanz

    Der Shakti Yoga & Dance Workshop wird von Shirin gehalten, von der ich sofort verzaubert bin. Shakti steht im Hinduismus für die weibliche Kraft, den schöpferischen Ursprung des Universums. Ihr Gegenpol ist Shiva, die männliche Kraft.

    Shirin trägt ein dunkelrotes Gewand mit langen Ärmeln und einer silbernen Kette um die Hüfte. Beim Tanzen später sieht man, dass das lange Kleid an zwei Stellen tief geschlitzt ist, so dass sie ihre Beine frei bewegen kann. Sie sitzt auf einem altargleichen Platz, der mit Kerzen, kleinen Statuen, Musikinstrumenten und Räucherstäbchen geschmückt ist. Die Licht-Spots an den Seiten des Raumes sind gedimmt. In der Mitte stehen Kerzen auf dem Boden, darum herum wurden Rosenblätter und weiße Federn verstreut. Die Veranstaltung ist gut besucht; wir sind bestimmt 60 Leute, auch einige Männer sind unter uns.

    Wie alle Workshops beim Agape Zoe dauert der Kurs zwei Stunden. Wir starten mit einer Meditation auf dem Boden, ohne Matte; nach all dem Meditieren vorher, fühle ich mich schon ganz ausmeditiert; aber ich genieße es trotzdem und kann mich gut darauf einlassen. Abschließend gehen wir in einige ruhige Yoga-Übungen über. Die Bewegungen werden immer freier und fließender bis wir schließlich wie beim Ausdruckstanz durch den Raum schweben, aktiv mit den Füßen aufstampfen, die Arme in die Luft werfen und unsere innere Shakti befreien.

    Klingt komisch, macht aber riesen Spaß!

    Mit den Kerzen auf dem Boden fühlt es sich ein bisschen an als wären wir Hexen, die um ein Lagerfeuer tanzen. Nach dem Cool Down am Ende, bei dem wir nochmal drei Oms „chanten“, bin ich entspannt und glücklich.

    Das war er, mein Tag voller Frauenpower, Spiritualität und neuer Eindrücke. Müde und glücklich fahren meine innere Shakti und ich in der U-Bahn nach Hause.

     

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