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  • Authentizität & Selbstliebe / Immunsystem

    Always-on = Always Stress? (inkl. 10 Tipps zum Entschleunigen)

    Social Media Burn out

    Ich hatte letzte Woche ein Problem mit Instagram, irgendwie wollte mein Post nicht so wie ich. Ich bekam regelrechte Panik und checkte im 30 Minuten Takt, ob es wieder geht. Ohne Erfolg. Ich fühlte mich machtlos und ausgeliefert. 1h mehr als normal verbrachte ich an diesem Tag am Handy; nämlich ganze 3h im Vergleich zu meinen sonst 1,5-2h. Reine Handyzeit wohlgemerkt, ich will gar nicht wissen, wie viele Stunden am Tag es inklusive Computerstunden wären.

    Abends fühlte ich mich richtig unzufrieden; genervt, gestresst, gereizt. Wegen eines Posts!

    Mein Freund schlug mir vor, einmal eine Zeitlang komplett offline zu bleiben und kein Instagram mehr zu benutzen – kalter Entzug. Aber allein die Vorstellung machte mich wahnsinnig und ließ mich nach kreativen Ausreden fahnden. Denn wenn ich ehrlich zu mir selbst bin, fällt mir schon mein halber Digital Detox Sonntag schwer, den ich seit ein paar Wochen probiere durchzuziehen.

    „Instagram ist schließlich der Kanal mit dem ich über Neuigkeiten auf meinem Blog informiere. Was wäre denn mein Blog ohne Instagram?“

    „Ich hab‘ das ja unter Kontrolle. Kalter Entzug ist doch eher ein Zeichen eines Mangels an Disziplin; die nachhaltige Lösung ist doch vielmehr, einen gesunden Umgang damit zu finden.“

    Oder?

    Social Media – Fluch oder Segen?

    Mein Verhältnis zu Instagram & Co. ist irgendwie ambivalent; einerseits liebe ich diese Kanäle, den Austausch, das Kreativ-Sein, die Inspiration… ja und ehrlicherweise auch das Dopamin, also die Glückshormone, die ausgeschüttet werden, wenn ich Likes oder nette Kommentare bekomme unter einem Post. Auch wenn es mir schwer fällt das zuzugeben, aber irgendwie ist das doch bei uns allen so, oder? Andererseits merke ich, dass meine täglichen Minuten, die ich auf Social Media verbringe, positiv korreliert sind mit meinem Stresslevel.

    Ich merke, dass die täglichen Minuten, die ich auf Social Media verbringe, positiv korreliert sind mit meinem Stresslevel.

    Je mehr ich online bin und Posts poste, Likes checke, andere Profile anschaue, Kommentare und Nachrichten beantworte, Stories teile, desto unzufriedener und unruhiger werde ich. Abhängiger irgendwie vom nächsten Dopamin-Kick. Ich lebe dann weniger im echten Leben und mehr im digitalen; Second Life.

    Social Media – unseren täglichen Post gib uns heute

    Bei mir kommt erschwerend hinzu, dass Instagram nicht nur meine Freizeitbeschäftigung ist, sondern auch mein Job. Ich arbeite als Social Media Managerin und mache den ganzen Spaß auch beruflich für meine Kunden. Posts posten, Influencer suchen und auswählen, Kommentare und Nachrichten beantworten… Social Media all day every day.

    Zu 17% unserer Zeit sind wir gestresst – das entspricht ganzen 63 Tagen im Jahr. [NYPost.com]

    Das Ergebnis: ich bin gestresst. Und nicht nur ich bin es, sondern die meisten von uns sog. Millennials (alle die nach 1984 geboren sind). Statt im Glücksrausch durch den Tag zu wehen ob des ganzen Dopamins, leiden (wir) Social Media Heavy User also unter Symptomen wie Konzentrationsschwäche, Unzufriedenheit, Gereiztheit, Überforderung und einer Neigung zu Krankheiten wie Depressionen, Essstörungen (Magersucht und Bulimie), oder Burn out.

    „Millennials spend the equivalent of 63 full days a year stressed out and worried, according to new research. In addition, as many as 71 percent wake up in the middle of the night thinking about current stressors up to three times during a typical week.“ NYpost.com

    Wie äußert sich Stress

    Bei mir äußert sich Stress so, dass ich die Dinge wie durch einen Filter hindurch wahrnehme. Geräusche, Lichter – all das erscheint mir dann plötzlich lauter und greller. So wird das Großraumbüro zum Reizfaktor, genauso wie U-Bahn fahren, Sirenen von Krankenwägen… Oft komme ich nach Hause und mir raucht der Kopf.

    Verursacht Social Media Stress?

    Die Antwort lautet: zu großen Teilen Ja. Social Media kann zu Streits zwischen Freunden und Partnern führen; und uns sogar das Leben kosten. Heute erst habe ich gesehen, wie ein ca. 5-Jähriger seinen am Handy klebenden Vater von der Straße zog, weg vom Bus der direkt hinter den beiden angerollt kam.

    Dass die Smartphone-Liebe gefährlich sein kann, bestätigt auch eine Studie der amerikanischen Carnegie Mellon University, der zufolge zwischen März 2014 und September 2016 weltweit 127 Menschen beim Aufnehmen eines Selfies starben. Ich sag‘ nur: natürliche Selektion 😉

    Social Media – die Stress Faktoren

    Wir sind gestresster als früher, obwohl wir Studien zufolge sogar weniger arbeiten. Was bei uns Stress auslöst sind hauptsächlich folgende Faktoren:

    • Ständige Erreichbarkeit:

      Unser Handy ist nie aus. Ich kann meins aktuell gar nicht ausmachen, weil ich meinen Code zum Entsperren gar nicht auf dem Schirm habe. Viele iPhone Benutzer wissen anscheinend noch nicht einmal, wo überhaupt der Aus-Knopf an ihrem Smartphone ist. Nachrichten bekommen wir durchgepusht, so dass wir immer up-to-date sind; blaue Häkchen zeigen an, ob wir die Nachricht bereits gelesen haben – so sind wir immer im Zug-Zwang zu reagieren.

    • Verlust an Echtheit / Authentizität:

      Wir priorisieren digitale Beziehungen über echte. Benutzen Whatsapp statt zu telefonieren, Facebook anstatt uns persönlich zu treffen und Tinder anstatt in Bars zu flirten. Wir tun Dinge, um anderen zu gefallen; aber wem eigentlich? Menschen, die wir gar nicht kennen? Wieso? Wir sind nicht mehr in der Natur; in der Arbeit sitzen wir vor dem Computer, in der U-Bahn kleben wir am Handy und abends gibt’s dann den Bachelor oder eine Serie auf Netflix. Unser Tag besteht aus einer Wanderung (mit Screen in der Hand) von einem Screen zum nächsten.

    • „Scripted reality“

      Wir zeigen nur eine bestimmte Facette von uns selbst; und sehen auch nur diese bestimmte Facette von anderen. Wir benutzen Filter und wählen so nicht nur aus WAS wir zeigen, sondern auch WIE wir es zeigen. Der Ausschnitt wird so gewählt, dass ja die schmutzige Wäsche im Hintergrund nicht mehr drauf ist. Manchmal hilft auch ein bisschen Photoshop nach, ein bisschen Retusche hat schließlich noch keinem geschadet.

    • FOMO – Fear of missing out

      Wir haben ein Überangebot an Möglichkeiten – 300 Studiengänge zur Auswahl; 200 Jobs; 500 Serien; 1.000 interessante Bücher; 20 Events pro Tag; 50 Date-Optionen; 100 tolle neue Sportkurse, die wir ja Dank Urban Sports Club auch alle besuchen können.

      Wir haben die Wahl. Die Qual der Wahl. Wir wachsen auf in dem Glauben, dass wir alles tun können, was wir wollen, wenn wir nur hart genug dafür arbeiten. Aber was wollen wir eigentlich? Was ist das BESTE? Gibt es nicht doch noch eine bessere Option? Aus Angst uns festzulegen und uns zu entscheiden, leiden wir unter perma-FOMO.

      „Commitment? Ahhh, ganz schwieriges Thema, vor allem hier in Berlin.“

      Das Ergebnis: wir fangen 10 Sachen an und machen keine davon richtig. Oder aber wir sind gleich so gelähmt von all den Optionen, dass wir erst gar nichts anfangen. Beides ist jedenfalls ziemlich frustrierend.

    • Work-Life-Work-Life-Balance?

      Arbeit oder Freizeit, wo ist die Grenze und wo die Balance? Laptops und Smartphones sei Dank fängt unsere Arbeit heutzutage nicht erst an, wenn wir ins Büro kommen. Sie ist ständig bei uns. Und umgekehrt. In der Arbeit schauen wir uns lustige YouTube Videos an mit unseren Kollegen und schreiben dann abends von der Couch aus E-Mails; ein richtiges Abschalten ist so schwierig.

    • Wo ist der Sinn?

      Unsere Arbeit soll einen Sinn stiften und am besten einen positiven Beitrag für die Welt und unsere Mitmenschen leisten. So sieht zumindest die Theorie aus. Start with Why und so.

      In der Realität haben viele von uns Jobs, in denen sie keinen wirklichen Sinn sehen. Arbeiten wir uns den A**** ab in Unternehmen, mit dessen Werten wir uns nicht identifizieren können, so kann uns das leicht ausbrennen lassen. Sich dann zu motivieren kostet viel mehr Kraft, als für ein Unternehmen, an das man glaubt und hinter dem man steht. (Ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass es schon ausreicht, wenn man einen Chef hat, dessen Werte mit den eigenen nicht gut kompatibel sind.)

    • Instant Gratification – Geduld, Geduld!

      Wir sind es gewohnt, zu bekommen was wir wollen und zwar sofort. Die neue Serie? Einfach online streamen. Essen bestellen? Lieferando. Lust auf ein Date? Tinder kann helfen. Auch im Unternehmen funktioniert das leider so. Aufgaben werden auf Zuruf verteilt. „Kannst du mal bitte schnell…“ Arbeiten auf Zuruf – definitiv ein weiterer Stressor. Und ein Grund, warum wir alle verlernen geduldig zu sein, uns auf etwas zu freuen, langfristig zu planen, Beziehungen aufzubauen oder auf eine Sache hinzuarbeiten.

    Social Media ist also nicht der einzige Faktor für unser hohes Stress-Level; aber sicherlich ein wichtiger.

    Bin ich abhängig von Social Media?

    Wie bei jeder Sucht und allen Genussmitteln gilt auch hier: die Dosis macht das Gift. Hör doch mal kritisch in dich rein und sei ehrlich zu dir selbst.

    Hast du dein Social Media Verhalten unter Kontrolle? Oder hat Social Media DICH unter Kontrolle?

    Checkst du deine E-Mails noch vor dem Aufstehen im Bett? Liegst du beim Yoga im Savasana und sehnst dir dein Handy herbei (oder benutzt es sogar)? Schreibst du beim Essen mit Freunden anderen Menschen, die gar nicht da sind? Tippst du am Handy Nachrichten während du dich mit deiner Freundin unterhältst?

    Wenn es sich nicht gerade um einen Notfall handelt, dann sind all diese Verhaltensweisen ein Indiz dafür, dass dein Social Media Verhalten gerade nicht besonders gesund für dich ist. Lass‘ Instagram & Co. nicht deine Beziehungen zerstören, deine Geld und Zeit fressen und so einen immer größeren Einfluss auf dein Leben haben. Sei ehrlich zu dir – ich versuche es auch zu sein.

    Folgende Tipps können dir zusätzlich helfen, dein Stresslevel zu reduzieren und dich weniger abhängig zu machen von Facebook, Instagram & Co.:

    10 Tipps für einen gesunden Umgang mit Social Media und weniger Stress

    1. Sozialer Austausch – aber echter. Ich war neulich bei einem Yoga-Kurs, bei dem ca. 5 Mädels und ich noch kurz vor der Tür warten mussten, da vor uns noch ein anderer Kurs im Raum war. Was passierte? Alle zogen sofort ihr Handy aus der Tasche und begannen zu tippen. Ich begann dann ein Gespräch mit einem der Mädels und hatte das Gefühl, so direkt eine Connection aufzubauen. Noch dazu erfuhr ich einiges über die Lehrerin und den Kurs. Also: einfach mal Wartezeiten nutzen für echte Interaktion mit echten Menschen.

    2. Echte Kreativität. Statt Filter zu benutzen: Schreib etwas mit der Hand. Zeichne etwas. Mach Musik. Koche etwas Leckeres – Level 2: Mach‘ danach kein Foto davon 😉

    3. Social Media Zeiten festlegen. Genauso wie wir nach 3 Gläsern Wein sagen – „ok, für mich ist es jetzt genug“, so sollten wir das auch bei Social Media tun. Räum dir am besten eine fixe Minutenanzahl ein für jeden Tag, 20 Minuten zum Beispiel. Verbringst du einen Tag 30 Minuten auf Instagram, gibt’s am nächsten Tag eben nur 10. Probier’s mal aus.

      Apps können dir dabei helfen, deine Handy-Zeiten zu tracken und zu reduzieren, z.B. Moment für iOS oder Quality Time für Android. Ich benutze nun seit knapp 3 Wochen die Moment App – echt sehr interessant; darin enthalten ist ein kostenloser Kurs „Bored & Brilliant“, der einem dabei hilft, sich selbst zu reflektieren und seine Screen Zeit zu reduzieren.

    4. Expose your practice, don’t practice for exposure. Was war zuerst, die Aktion oder der Post? Machen wir Dinge, weil wir sie lieben, oder damit wir sie auf Instagram posten können? (Ich muss dabei immer an die Black Mirror Folge denken über Social Media, absolut sehenswert S.3 E.1… „I just made some tapenaaaade“)

      Mach‘ Dinge, weil du sie liebst und wenn du dann Lust hast, teile sie. Macht so herum mehr Spaß und fühlt sich auch besser an.

    5. Digital Detox Sonntag – wie der Name schon sagt: sonntags bleibt das Internet aus, bzw. die Sozialen Netzwerke. Nutze die Zeit doch lieber, um etwas für dich zu tun. Lese ein Buch, geh‘ ins Museum, triff dich mit Freunden oder geh raus zum Sport. Du wirst sehen, wie gut ein solcher Tag tut.

    6. Priorisieren. Du wirst regelmäßig überfordert, wenn du nur an deine To Do Liste denkst? Zeit zu priorisieren! Schreib deine To Do Liste auf. Alle To dos, die du gerade hast. Und dann streich alle weg bis auf 5. Das ist deine neue To do Liste. Für heute zumindest, die anderen kannst du parken auf einem Extra-Blatt.

    7. Handy Knigge. Die neue Regel für Arbeit und Freizeit: Sitzt du mit anderen Menschen am Tisch, bleibt das Handy in der Tasche. Kein Handy auf dem Tisch oder im Schoß. Auch nicht umgedreht.

    8. Offline kaufen. Wenn du etwas brauchst, z.B. ein Buch: gehe mal nicht zu Amazon, sondern in einen Buchladen. Lass dich inspirieren, tausche dich mit der Verkäuferin aus und trage dein Buch dann direkt nach Hause. Du wirst sehen, wieviel besser sich das anfühlt.

    9. Dankbarkeit. Dieser Tipp passt eigentlich immer. Mache am besten jeden Abend eine Liste mit Punkten für die du in deinem Leben dankbar bist. Du wirst sehen, wie diese kleine Übung sich positiv auf deine Wahrnehmung auswirken wird – und, dass die meisten Punkte nicht online-related sind, sondern aus dem echten Leben stammen.

    10. Meditation – noch so ein Dauerbrenner. Nimm‘ dir jeden Tag ein paar Minuten Zeit nur für dich. Mach‘ es dir gemütlich, schließe die Augen und sei einfach da. Lass deine Gedanken Gedanken sein, die vorbeiziehen – ohne Bewertung und auch ohne Auswirkung auf dein Sein. Falls du alleine nicht rein kommst gibt es tolle Videos oder Apps, die dir dabei helfen können, eine Meditationsroutine aufzubauen.

    So, das war mein Wort zum Sonntag zum Thema Stress. Das ganze Thema ist auf jeden Fall auch ein Thema für mich gerade – you can teach best what you most need to learn, um Mike Dooley zu zitieren.

    Lasst uns Social Media nutzen als Plattform für Austausch und Inspiration, zusätzlich zu unseren echten Freundschaften, die wir als Prio 1 betrachten! Und lasst uns so insgesamt ausgeglichener, ruhiger und glücklicher sein.

    Ich hoffe, meine Tipps und Gedanken konnten dir dabei ein wenig helfen.
    Habt einen stressfreien Tag und lasst es euch gutgehen!

    Deine Insa

     

    https://arxiv.org/pdf/1611.01911v2.pdf
    https://www.psychologytoday.com/blog/the-gen-y-guide/201509/why-millennials-are-so-stressed-and-what-do-about-it
    https://nypost.com/2017/09/27/millennials-spend-nearly-20-percent-of-their-year-stressed-out/
    https://www.huffingtonpost.com/entry/8-habits-that-make-millennials-stressed-anxious-and_us_5924f46be4b0dfb1ca3a0f8a
    https://www.theatlantic.com/business/archive/2014/05/the-myth-that-americans-are-busier-than-ever/371350/
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