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  • Authentizität & Selbstliebe

    Pretty Pretty Well … über unterdrückte Gefühle und wie man Emotionen aktiv für sich nutzen kann

    Über Resilienz und Emotionale Agilität

    Pretty Pretty Well … der Name meines Blogs lässt mich zunehmend traurig fühlen. Auch, wenn er natürlich super passend ist. Der Name kommt ja davon, dass ich während der Zeit meiner Amenorrhö, also dem Ausbleiben meiner Periode, immer gesagt habe: mir geht es ziemlich gut! Ich habe gelächelt und so getan, als wäre auch alles gut, dabei wusste ich tief in mir, dass NICHT alles gut war.

    Es versetzte mir einen Stich, wenn ich Frauen mit Kinderwägen oder schwangeren Bäuchen sah, fragte ich mich doch: werde ich jemals Kinder bekommen können?

    Ich fühlte mich unnormal, wenn mich andere Frauen nach einem Tampon fragten. Schon lange hatte ich keine mehr dabeigehabt.

    Ich fühlte mich ausgeschlossen, wenn Freundinnen von Periodenschmerzen erzählten. Doch ich tat so, als wäre alles ok.

    Heute macht es mich traurig, dass ich nicht eher die Kraft meiner Gefühle erkannt und für mich nutzen gelernt habe. Aber wie heißt es so schön, besser spät als nie. Und vielleicht können dir ja meine Erfahrungen dabei helfen, schneller auf den Trichter zu kommen, als ich.

    „Happy Insi“

    Nur wenige wussten damals von meiner Amenorrhö, irgendwie schämte ich mich dafür. Und tatsächlich ging es mir ja auch super während der Zeit, wie du in meinem ersten Artikel lesen kannst. Von den Gefahren einer Amenorrhö wie dem erhöhten Risiko für Osteoporose oder Depressionen wusste ich damals noch nicht.

    „Happy Insi“ wurde ich früher auch von Freunden genannt. Ich versuchte negative Emotionen so gut es geht zu unterdrücken, schließlich wurde uns das ja eingeredet: Frauen hatten stets freundlich und fröhlich zu sein, vor allem am Arbeitsplatz.

    Hauptsache funktionieren

    Das Unterdrücken negativer Emotionen machte ich zum Beispiel durch Sport. War ich wütend oder frustriert, ging ich laufen oder zum Boxen. Danach ging es mir besser, aber warum ich mich überhaupt wütend oder frustriert gefühlt hatte, wusste ich nicht. So entging mir eine wertvolle Lernerfahrung über mich.

    Zweimal hatte ich sogar Panikattacken, einmal in einem Restaurant, einmal beim Laufen. Das war echt unheimlich. Ich zitterte und bekam keine Luft mehr. Doch selbst da vergaß ich das Erlebnis schnell, nachdem ich mich wieder gefangen hatte, ohne einmal tiefer in meinem Seelenleben zu kramen.

    Pretty Pretty Well ... über unterdrückte Gefühle und wie man Emotionen aktiv für sich nutzen kann
    Lange war ich ziemlich gut im Weggucken …

    Emotionen als Wegweiser

    Zeichen gab es viele, wie ich heute sehe. Doch damals wollte ich eben funktionieren und schob alles, was mir im Weg stand, beiseite. Ich war eine Kriegerin, stark, nie krank, always-on. Gefühle oder Schwäche zu zeigen war nichts für mich, das war etwas für hysterische Weiber.

    Wie ignorant!

    Damals meditierte ich noch nicht, so dass ich nie die Gelegenheit hatte, einmal still zu sitzen und in mich hineinzuhören. Wie ging es mir wirklich? Was wollte ich wirklich? War ich auf dem richtigen Weg? Warum tat ich, was ich tat? Auch einen Zugang zu Spiritualität oder Yoga hatte ich nicht.

    Heute weiß ich: Disziplin, ein positives Mindset, Stressresistenz – all das ist gut, kann aber auch langfristig gegen einen schießen, wenn man es damit übertreibt. Und: negative Emotionen sammeln sich an und werden größer, wenn man sie ignoriert. Irgendwann fressen sie einen auf. Bereits in meinem Artikel „Das Weiche und das Harte – Gedanken zum Thema Weiblichkeit“ fragte ich mich:

    Hat mein Streben nach Erfolg in der heutigen geradlinigen Leistungsgesellschaft dazu geführt, dass ich den Bezug zu meinem Körper und meiner Gefühlswelt verloren habe?

    Inzwischen sehe ich Gefühle als meine Superpower an. Ich habe mittlerweile eine gute Verbindung zu mir und meinem Körper und frage mich, wenn ich eine negative Emotion aufziehen fühle: was willst du mir sagen?

    Die Harvard-Psychologin Susan David spricht in diesem Zusammenhang von „emotionaler Agilität“. Ihr zufolge ist diese emotionale Agilität der Schlüssel zu Resilienz. Hier ein guter Talk von ihr zu dem Thema:

    Zwischen Reiz und Reaktion gibt es einen Raum

    Heute versuche ich nicht mehr, meine Emotionen zu unterdrücken. Sondern folge einem Prozess, der so oder so ähnlich auch von Therapeuten empfohlen wird:

    1. Reiz: Ich nehme wahr, dass ich eine (negative) Emotion fühle.

    2. Ich halte inne. Wenn möglich, setze ich mich auf mein Mediationskissen, schließe die Augen und atme.

    3. Ich frage mich, woher die Emotion kommt, was mich stört, was mich gereizt hat. Dann überlege ich mir meinen nächsten besten Schritt. Meist weiß ich direkt, was sich richtig anfühlt, manchmal ist es etwas komplizierter. Oft fühle ich mich irritiert, wenn ich nicht „in line“ mit meinen Werten handele, oder mir jemand etwas „antut“, das meine Integrität, meinen Stolz oder meine Privatsphäre angreift.

    4. Komme ich nicht weiter, frage ich jemanden, dem ich vertraue und schätze nach seiner Meinung, einfach, um einmal gespiegelt zu werden.

    5. Reaktion: Ich handele.

    Wie du siehst: Zwischen Reiz und Reaktion gibt es einen Raum, in dem man Zeit hat, seine Reaktion zu wählen, das sagte auch der bekannte Psychologe Viktor Frankl:

    „Zwischen Reiz und Reaktion gibt es einen Raum. In diesem Raum haben wir die Freiheit und die Macht, unsere Reaktion zu wählen. In unserer Reaktion liegen unser Wachstum und unsere Freiheit.“

    Das kann in Bruchteilen von Sekunden passieren, oder sich aber über Stunden hinziehen. Fakt ist: unsere Emotionen sind weder „gut“, noch „schlecht“. Sie sind einfach da und nicht nur das, sie können uns als wichtige Wegweiser dienen. Drücken wir sie einfach weg und versuchen wir, das Gefühl von Kontrolle zurückzugewinnen, indem wir zum Beispiel unser Sportprogramm oder unser Essverhalten reglementieren, berauben wir uns einer einzigartigen Chance zu wachsen und uns selbst besser kennenzulernen.

    Lass es dir gut gehen, Pretty!

    Und wenn es dir mal nicht gut geht, dann ist das auch ok.

    xxx deine Insa

    Erst der Mut zu sich selbst wird den Menschen seine Angst überwinden lassen. – Viktor Frankl

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